Gesamtschule Battenberg verabschiedete Heinz-Günther Schneider in den
Ruhestand
von Erwin Strieder BATTENBERG. „Kann man 42,5 Jahre Arbeit als Lehrer überhaupt würdigen?“, fragte Direktor Reinhold Gaß anlässlich der Feierstunde zur Verabschiedung des Pädagogischen Leiters
der Gesamtschule, Heinz-Günther Schneider. Über 100 Gäste nahmen an der Feier zu Ehren des beliebten Lehrers teil, der sich auch einen Namen als Kommunalpolitiker, Naturschützer und
Vereinsvertreter gemacht hat. „Wir bedanken uns für die geleistete Arbeit, dein Engagement, deine Loyalität sowie dein besonnenes und auf einen vernunftbestimmten Ausgleich gerichtetes Wesen“,
sagte Gaß. Schneider habe in 42 Jahren drei Schulleiter in Battenberg erlebt und neun Kultusminister Hessens überdauert. Schneider war Fachvorsitzender für Biologie und in seinem Aufgabengebiet
als Pädagogischer Leiter hatte er zu tun mit Stunden- und Vertretungsplänen, der Koordination der Fächer, der Medienverwaltung, Schulbuchbestellungen, dem Schülertransport und Wanderfahrten. Die
Urkunde zur Versetzung in den Ruhestand überreichte Schulamtsdirektor Jörg Langheld vom Staatlichen Schulamt in Fritzlar. Langheld rief in Erinnerung, dass der junge Student Schneider während
seines Studiums in Gießen seine Schwerpunktfächer der Grundwissenschaften in Pädagogik und Politik fand: „Im privaten wie im beruflichen Bereich hat er sich Jahrzehnte seines Lebens mit Pädagogik
und Politik befasst“. Das Stilmittel des Stabreims wählte Langheld. Schneiders zahlreiche positiven Eigenschaften ließ er alle mit dem gleichen Buchstaben beginnen: „Sehr sorgfältig,
selbstsicher, solidarisch, salut Superpädagoge Schneider!“ Schneider sei ein „Urgestein der Gesamtschule“. Und: „Die Schule verliert nun einen Mann für alle pädagogischen Fälle.“ Langjähriger
enger Weggefährte Schneiders war der frühere Schulleiter Helmut Frenzl, der in einer Bilder-Präsentation die gemeinsame Zeit im Schulleitungsteam in Erinnerung rief. Schneider erhielt zum
Abschied zahlreiche, zum Teil sehr originelle Dankespräsente und bedankte sich sichtlich gerührt. Bescheiden meinte er: „Ich habe eigentlich nur meine Pflicht getan“. Die drei Stunden währende
Feier wurde musikalisch von mehreren Musikgruppen der Schule mitgestaltet.
Heinz-Günther Schneider wird nach über 40 Jahren im Lehrerberuf in den Ruhestand verabschiedet (von Thomas Hofmeister)
BATTENBERG. Nach über 42 Jahren im Schuldienst wird Heinz-Günther Schneider (65), Pädagogischer Leiter an der Gesamtschule Battenberg, am 30. Januar in den Ruhestand verabschiedet. „Lehrer müssen
heute Animateure sein. Man muss die Schüler für eine Sache begeistern, man muss sie packen können“, sagt der Pädagoge, Kommunalpolitiker und Naturschützer im Interview mit der HNA.
Herr Schneider, wann haben Sie sich entschieden, Lehrer zu werden? HEINZ-GÜNTHER SCHNEIDER: Der erste Anstoß kam durch meinen Onkel, den Hauptlehrer Wilhelm Schneider. Er hat mich geprägt. Damals war ich zehn Jahre
alt.
Es waren andere Zeiten. SCHNEIDER: Das kann man wohl sagen. Der Bus fuhr
morgens um 6.20 Uhr ab Laisa zur Edertalschule nach Frankenberg. Gegen 14 Uhr kam ich zurück. Beim Nachmittagsunterricht bin ich mit dem Fahrrad zum Zug nach Battenberg gefahren.
Sie haben in Gießen studiert. SCHNEIDER: An der Justus-Liebig- Universität. Die Uni platzte damals aus allen Nähten – wir kamen
zunächst nirgendwo in Seminare rein. Das erste Semester war ein Streik-Semester. Wir Jusos – unter anderem Reinhard Kahl und ich – haben damals mit zum Streik aufgerufen. Das war meinem Vater in
Laisa schwer zu vermitteln. Denn das Zimmer in Gießen kostete 200 DM im Monat. Das war damals sehr viel Geld.
Wo fanden Sie ihre erste Anstellung? SCHNEIDER: 1976 an der
Friedrich-Trost-Schule in Frankenberg – eine Zwei-Drittel- Stelle als Angestellter. Ich bekam 1000 DM im Monat. Für einen jungen Familienvater – meine älteste Tochter war gerade geboren – war das
schon hart. Dennoch: Ich möchte die drei Jahre an der Friedrich- Trost-Schule nicht missen. Von den Erfahrungen zehre ich bis heute, wenn es um lernschwächere und verhaltensauffällige Schüler
geht.
Wie kamen Sie nach Battenberg? SCHNEIDER: Ich habe mich auf eine
Funktionsstelle als 2. Konrektor an der damaligen Mittelpunktschule beworben. Julius Haase war damals Rektor, Reinhard Kahl Konrektor. Kurze Zeit später ging Herr Haase in den Ruhestand. Und dann
wurde Reinhard Kahl in den Landtag gewählt. Da musste ich die Schule über ein Jahr kommissarisch leiten.
Sie haben mit dafür gekämpft, dass aus der Mittelpunktschule eine Gesamtschule wurde. SCHNEIDER: Das war damals ein ideologischer Kampf zwischen SPD und CDU, es gab heiße Diskussionen. Was war Ihre Überzeugung? SCHNEIDER: In der Realschule
saßen damals mindestens ein Drittel verkappte Gymnasiasten. Diesen begabten Kindern wollten wir ein wohnortnahes gymnasiales Angebot ermöglichen. Aber damals scheuten viele Eltern nach der
Grundschule die weiten Wege, beispielsweise von Hatzfeld oder Dodenau nach Frankenberg. Eine Schülerin, die damals fast in allen Fächern Einsen schrieb, ist übrigens heute Lehrerin an unserer
Schule.
Wie ist Ihr Verhältnis zur Technik? SCHNEIDER: Ich weiß noch, wie der spätere
Schulleiter Helmut Frenzl 1984 in der Gesamtkonferenz über den Einsatz des Computers im Unterricht referierte. Für viele von uns waren das böhmische Dörfer. Heute ist der Computer aus dem
Unterricht nicht mehr wegzudenken. Meinem Enkel Jannis habe ich gesagt: Wenn der Opa pensioniert ist, kauft er sich ein Smartphone, damit wir samstags die Ergebnisse der Fußball-Bundesliga live
verfolgen können. Er ist Schalke-Fan, ich Anhänger von Eintracht Frankfurt.
Wie hat sich Schule in den letzten 40 Jahren verändert? SCHNEIDER: Man kann
nicht per se sagen, die Schüler seien schlimmer geworden. Es gab auch früher Schüler, die einen zur Weißglut bringen konnten. Solche Knackohren hat es immer gegeben. Nach meinem Eindruck ist die
Einstellung vieler Schüler heute phlegmatischer. Einige behaupten, sie hätten „null Bock“ auf Lernen. Das hängt sicher auch mit den neuen Medien zusammen. Nach dem Motto: Ich kann ja alles
googeln. Aber die Lernbereitschaft hat deutlich nachgelassen. Bei Arbeiten waren die Schüler früher konzentrierter.
Hat sich auch die Rolle des Lehrers in den letzten Jahrzehnten verändert? SCHNEIDER: Lehrer müssen heute Animateure sein. Man muss die Schüler für eine Sache begeistern, man muss sie packen können. Sie gelten als Mann des Ausgleichs. SCHNEIDER: Als Kind in der Trachtengruppe habe ich die Volksmusik kennengelernt, zu Hause habe ich Jimi Hendrix gehört. Im Auto läuft bei mir
manchmal eine Oberkrainer- CD und im nächsten Moment Carlos Santana. Ich versuche immer, Gegensätze nicht als Gegensätze zu leben, sondern zu integrieren. Ich war nie ein
Fundamentalist.
Wie ist es für Sie ganz persönlich, wenn man nach so vielen Jahren im Beruf die letzten Arbeitstage schwinden
sieht? SCHNEIDER: Wir sitzen gerade am Stundenplan für das zweite Halbjahr. Zu Beginn letzter Woche hat Frau Muth-Heldmann den Namen H.-G.
Schneider gelöscht. Für mich war das die Botschaft: Jetzt wird’s ernst. Aber ich werde der Schule sehr eng verbunden bleiben, werde den Kontakt zum Kollegium halten. Und ich werde im
Ganztagsangebot die Naturschutz-AG weiterhin anbieten – in der Hoffnung, dass die Schüler das weiterhin bei so einem alten Knacker machen (lacht). Es ist schon ein bisschen emotional. Aber ich
freue mich auf die Zeit nach der Pensionierung. Jeder Mensch ist zu ersetzen.
Hintergrund: Pädagogischer Leiter Was macht eigentlich ein Pädagogischer
Leiter? Schneider: „Erzieherische Arbeit und Inhalte, die Koordination der Fächer. Anschaffung von Lehr- und Lernmedien. Was heute ein Schulsozialarbeiter macht, war früher auch Arbeit des
Pädagogischen Leiters – alle kniffligen Fälle kamen zu mir. Auch die Gestaltung des Stundenund Vertretungsplanes gehörte zu meinen Aufgaben. Und ich war für den Bereich Schülertransport
zuständig. Das ist ein heißes Eisen, denn vier Fünftel unserer Schüler sind Fahrschüler.“ Den Pädagogischen Leiter gibt es in Zukunft nicht mehr. „Ich bin ein lebendes Fossil – einer der letzten
Pädagogischen Leiter in Hessen“, sagt Schneider. Seine Aufgaben werden auf die Schulleitung verteilt. Die Funktionsstelle wird mit anderen Aufgaben neu besetzt. (off)
Zur Person HEINZ-GÜNTHER SCHNEIDER (65) ist Pädagogischer Leiter an der Gesamtschule Battenberg. Nach der Volksschule in Laisa wechselte er zur Edertalschule nach Frankenberg und bestand dort 1970 das Abitur. An der Justus- Liebig-Universität in Gießen studierte er Biologie und Sozialkunde für das Lehramt an Hauptund Realschulen. Es folgte das Referendariat, das er an der Mittelpunktschule Battenberg mit dem 2. Staatsexamen im Dezember 1975 abschloss. Nach einem Lehrauftrag am Gymnasium in Eschwege wurde Schneider von 1976 bis 1979 angestellter Lehrer an der Friedrich-Trost- Schule (Sonderschule) in Frankenberg. 1979 kam er als 2. Konrektor an die damalige Mittelpunktschule Battenberg, wo er bis heute als Pädagogischer Leiter tätig ist. Seine politische Heimat hat Heinz-Günther Schneider seit über 40 Jahren in der SPD. Über viele Jahre war er Stadtverordneter, Fraktionsvorsitzender und über 20 Jahre Stadtverordnetenvorsteher. Ebenfalls seit Jahrzehnten engagiert sich Heinz- Günther Schneider für den Naturschutz. Unter anderem ist er Kreisvorsitzender im Naturschutzbund (NABU). 33 Jahre lang engagierte sich Schneider als Jugendleiter und Vorsitzender im Sportverein seines Heimatdorfes, dem TSV Laisa. Weiterhin ist Schneider begeisterter Sänger im MGV Laisa. Nach dem Tod seiner Frau vor sechs Jahren ist Heinz-Günther Schneider verwitwet. Aus der Ehe gingen drei Töchter hervor, die alle verheiratet sind. Inzwischen gibt es vier Enkelkinder. (off)
Die Sorge um derartige Ereignisse an Schulen verstellt oft den Blick auf präventive Maßnahmen, die nicht so spektakulär sind. Schulsozialarbeit ist eine Einrichtung, die Jugendlichen Hilfen im besonderen Maße anbieten kann. Leider wird diese wohl zum Schuljahrsende an unserer Schule wieder aufgegeben, da die Kostenbeiteiligung durch das Land nicht mehr gegeben ist.
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Schulleiter Frenzl wünscht sich außerdem mehr Eigenverantwortung der Schule bei der Gestaltung des Lehrplans und der Verwaltung des Budgets.